Follow Me ist ein Semesterprojekt von Moritz Queisner im Studiengang Europäische Medienwissenschaft an der Universität Potsdam. Zielsetzung des Seminars ist es, technische und künstlerische Elemente miteinander zu kombinieren und eine Problematik im Rahmen des Zusammenhangs von Intermedialität und Archiv zu bearbeiten.

Disclaimer: This site has last been updated in early 2009. Back then, as you might as well notice, mapping was still in a kind of beta testing phase, GPS-trackers were still expensive, not many smartphones and mapping apps out there, coding and hardware skills were still essential etc. (wow, I just realize digital time is moving so fast...)
.



1 Kontext: Die Antiquiertheit des Archivs

„When production is collective, continous, parallel, uneven and deterritorialized while consumtion becomes a kind of authorship, new protocols of access and archiving are needed.“ (Wigley 2008)

Die Informationsgesellschaft ist dabei in einen totalen Gedächtnisverlust einzutreten. Ein Beispiel: 2007 bestand das sogenannte digitale Universum aus 281 Billionen Gigabytes - bis 2011 wird sich diese Zahl verzehnfachen (vgl. Gantz 2008). Dabei vollziehen sich vor allem Veränderungen in der Datenstruktur: die Anzahl der Daten über Daten (z.B. Tags, Hyperlinks, Verweise, Datenpakete) wächst seit 2006 relativ weitaus stärker als der Umfang der Daten in Gigabytes, was den Aufwand verdeutlicht, mit dem versucht wird die Informationsflut zu organisieren.

Die Frage nach der Organisation von Wissen ist allerdings keineswegs nur ein Problem der digitlalen Sphäre der Informationsgesellschaft. Grundsätzlich kann Kultur überhaupt als Ordnungssystem von Symbolen verstanden werden, in dem Menschen erworbene Informationen speichern. Als künstliches Gewebe setzt sie der Natur eine negativ entropische Struktur gegenüber: ihre ordnenden Speicher wirken der natürlichen Tendenz zum Zerfall aller Formen entgegen. Wir alle systematisieren also nicht nur Müll, Bankauszüge oder Paninibilder, sondern jegliche Formen wahrgenommener Umwelt.

Als Teil dieser Systematisierung konstruierte das Archiv dabei als institutionelle Form jahrhundertelang verbindliche Ordnungen von Informationen. Hinter diesen Vorgängen verbergen sich Gesten wie speichern, sammeln, ordnen, erinnern, übertragen oder finden. Jedoch muss man im Zuge der Veränderungen, denen diese Organisations-, Archivierungs- und Zirkulationsformen der Informationsinfrastruktur heute unterliegen, von einer Antiquiertheit des Archivs in seiner herkömmlichen Form ausgehen. Seine Formen des Speicherns, Verarbeitens und Übertragens erweisen sich als historisiert: Speicher-, Verarbeitungs- und Distributionstechnologien unterliegen heute neuen Strukturen und Logiken mit denen sich andere Kulturtechniken verbinden.

Diese strukturellen Veränderungen erfordern eine Neubestimmung des Archivs und eine Umwertung des Archivbegriffs, die zuerst Foucault vorgenommen hat. Seitdem hat sich Archiv zumindest in der postmodernen Kulturtheorie als Oberbregriff für Wissens- und Informationsspeicher durchgesetzt. Es ist demnach weder „die Summe aller Texte, die eine Kultur als Dokumente ihrer eigenen Vergangenheit oder als Zeugnis ihrer gegebenen Identität bewahrt hat“, noch „die Einrichtungen, die in einer gegebenen Gesellschaft gestatten, die Diskurse zu registrieren und zu konservieren“. Es ist nicht mehr statischer Speicher im Sinne eines „Aufbewahrens und Abfragens“, sondern ein dynamisches „System der Formation und der Transformation der Aussagen“ (vgl. Foucault 1981).

Wie aber lassen sich diese Veränderungen genauer beschreiben? Als wissenschaftliche Methode des Speicherns, Verarbeitens und Übertragens fungiert bei Foucault die Archäologie. Demnach muss eine Theorie des Archivs nach den „Bedingungen des Auftauchens von Aussagen“ fragen sowie nach den Prinzipien, „nach denen [sie] fortbestehen, sich transformieren und verschwinden". Nur so lassen sich die kulturellen Praktiken freilegen, die ein „Spiel von Beziehungen“ zwischen „gesagten Dingen“ einerseits, sowie „Aussagemöglichkeiten und -unmöglichkeiten“ andererseits sind.

Während sich Foucault allerdings noch innerhalb der Ordnung von Sprache bzw. Schrift bewegt, hat die Medienkultur seit dem Austritt aus der Gutenberg-Galaxis (vgl. McLuhan 1962 & Bolz 1995) neue mediale Formen hervorbracht, die die Bedeutung sprachvermittelter Kommunikation und des alphabetischen Codierens ergänzen und relativieren (vgl. Flusser 1996). Daraus ergibt sich eine erweiterte Frage nach den Materialitäten von Kultur als den Möglichkeitsbedingungen für Diskurse, mit der sich auch die Formen des Archivs auf neue Formen des Content Managements zubewegen. Das Projekt versucht einige Veränderungen dieser Formen im Sinne Foucaults Archäologie des Archivs exemplarisch zu untersuchen und freizulegen.

2 Verknüpfung: Die Rückkehr des Raumes

„In short, the global telecommunications network has not led to the end of geography as much as to the rebirth of place.“ (Staple 1997: 219)

Spätestens seit den Erfindungen zur informationstechnischen Nutzung der Elektrizität galt die Dimension des Raumes endgültig als überwunden. Diese fortschreitende Relativierung anthropologisch-körperlicher Grenzen des Kommunizierens führte in der postmodernen Medientheorie zum Paradigma vom Ende der Geographie (Baudrillard), der Vernichtung des Raumes (Virilio) oder dem Verschwinden der Ferne (Flusser). Die räumliche Dimension, so schien es, sei durch die totale Verfügbarkeit von Informationen aufgehoben. Damit verband sich die Vision einer Netzwerkgesellschaft, in der die Frage nach dem Ort scheinbar in den Hintergrund trat: der Ortslosigkeit des „Global Village“ entsprach eine „Ästhetik des Verschwindens“ (Virilio).

Etwa seit dem Ende der 80er Jahre hat die Medientheorie im Zuge des Spatial Turn raumbezogene Fragestellungen wiederentdeckt. Statt einer Verdichtung oder Kompression ist nun die Rede von der Implosion des Raumes und einer Reterritorialisierung der Diskurse (vgl. Döring & Thielmann 2009). Auch in der Netzwerkgesellschaft bleibt der Raum als organisierendes Prinzip sozialer Beziehung demnach bedeutsam: Die Beschleunigung von Kommunkation hat ihn nicht aufgehoben, sondern viel eher verändert.

Follow Me versucht die Auswirkungen dieser Transformationen des Raumes für die Veränderungen der Informations- und Wissensspeicher nachzuvollziehen nachzuvollziehen, indem damit verbundene Technologien untersucht und exemplarisch getestet werden.
Das Archiv und die damit verbundenen Organisationsformen von Informationen, so die These, unterliegen vor allem im Zuge einer Verräumlichung der Informationsinfrastruktur signifikanten Veränderungen.

3 Umsetzung: Tracking und Mapping

„The number of georeferenced places in the web in 2008 is ten times as much as in 2007.“ (Hanke 2008)

Die Rückkehr des Raumes, so schreiben Döring und Thielmann in Mediengeographie (2009), lässt sich mit einer Inflation der Verortungskommunikation in Zusammenhang bringen, deren georeferenzierende Medien unseren Umgang mit Raum und Ort reorganisieren. Entscheidendes Merkmal dieser Geomedien sei, dass sie zwar ortsunabhängig funktionieren, ihre Inhalte aber ortsabhängig sind. Geomedien sind demnach Medien, "deren Nutzung und Verwendung an konkrete physische Orte gebunden ist". Hierzu zählen vor allem die Lokalisierungstechnologien um GPS (Global Positioning System), RFID (Radio Frequency Identification) und WLAN (Wireless Local Area Network) die es erlauben Spuren von bewegten Objekten zeitgleich aufzuzeichnen (Tracking). Diese Entwicklung, so Döring und Thielmann weiter, begleite eine Renaissance kartographischer Bildformen (virtuelle Globen, Satellitenbilder, Panoramafotos, Radarscreens Nachrichtenatlanten usw.) die Geodaten visualisieren (Mapping).

An der Schnittstelle zwischen medialen Codes und physischem Raum entstehen mediale Geographien, die neue Organsationsstrukturen für Informations- und Wissensspeicher etablieren. Diese Schnittstelle wird sichtbar, wenn etwa den kartographischen Oberflächen von Visualisierungsinstrumenten wie Google Earth benutzergenerierte Geodaten eingeschrieben werden. Hier ergeben sich Neuordnungen der Informationsinfrastruktur, die über räumliche Kategorien navigierbar wird. Es entstehen dabei aber keine Cyberspaces, sondern neue Formen physisch-räumlicher Repräsentation, die aus ortsabhängigen Datensätzen generiert werden und damit das ortsspezifische Handeln der Nutzer mit einbeziehen.

Mein Bewegungsprofil - Woche 1

Mein Bewegungsprofil - Woche 2

Mein Bewegungsprofil - Woche 3

Mein Bewegungsprofil - Woche 4

Mein Bewegungsprofil - Woche 5

Weg zur Uni (Ausschnitt)

1 Monat Berlin

1 Monat Berlin

Bei der Arbeit

Bei der Arbeit

Beim Kartoffeln säen

Beim Kartoffeln säen

Beim Wandern

Beim Wandern

Beim Fussball spielen / Auswertung

Beim Fussball spielen / Auswertung

Georeferenzierte Daten bei Google

Georeferenzierte Daten bei Google